Befundergebnisse verständlich vermitteln – Eine randomisiert-kontrollierte Studie zur Wortwahl in der Ärzt*innen-Patient*innen-Kommunikation
- Type de publi. : Article dans une revue
- Date de publi. : 01/11/2020
-
Auteurs :
Carolin AuschraJana MöllerOlivier BerthodYuliya MazheikaPeter Borusiak
-
Organismes :
Freie Universität Berlin
Freie Universität Berlin
Centre Européen de Recherche en Economie Financière et Gestion des Entreprises
ICN Business School
- Publié dans Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen le 24/07/2017
Résumé : Hintergrund Die Ärzt*innen-Patient*innen-Kommunikation ist einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren für eine gute medizinische Betreuung. Dabei steht ein gegenseitiges Verstehen im Vordergrund, was auch bei der verständlichen Übermittlung von nicht-numerischen Befundergebnissen eine wichtige Rolle spielt. Methodik In einem zweistufigen Vorgehen wurde untersucht, ob die Wortwahl bei der Übermittlung von medizinischen Befundergebnissen einen Einfluss auf das korrekte Verständnis durch medizinische Lai*innen hat. Dabei wurden zunächst durch eine qualitative Inhaltsanalyse von Ärzt*innenbriefen häufig genutzte Adjektive zur Übermittlung von Befundergebnissen identifiziert. In einem zweiten Schritt wurde die Verständlichkeit von besonders relevanten Adjektiven mit Hilfe einer randomisiert-kontrollierten Studie im Parallel-Design getestet. Dazu wurde ein schriftliches Szenario zur Übermittlung von Befundergebnissen mit anschließenden Fragen kombiniert. 1.131 Teilnehmende, die die Bevölkerung Deutschlands im Hinblick auf Alter, Geschlecht und Bildungsstand repräsentieren, wurden auf einer Online-Plattform rekrutiert. Die Teilnehmenden lasen dabei ein Szenario zu Übermittlung der Ergebnisse eines Atemtests, wobei hinsichtlich der Beschreibung des nicht-numerischen Testergebnisses zwischen der Nutzung der Adjektive „positiv“ bzw. „negativ“ (n = 566) und „auffällig“ bzw. „unauffällig“ (n = 565) variiert wurde. Die Zuordnung der Teilnehmenden zu den beiden Gruppen fand zufällig statt. Als Outcomes wurden das objektive und subjektive Verständnis des Testergebnisses sowie die subjektive Verständlichkeit ärztlicher Erklärungen gemessen. Ergebnisse Medizinische Lai*innen profitieren beim Verständnis von Befundergebnissen von der Nutzung neutraler, deskriptiver Adjektive im Gegensatz zu im Alltagsgebrauch wertend konnotierter Adjektive: Im Schnitt wird ein Befundergebnis mit den Adjektiven „positiv“ bzw. „negativ“ von 54% der befragten Personen objektiv korrekt verstanden, ein Befund mit „auffällig“ bzw. „unauffällig“ von 65% (Chi-Quadrat = 13,061; p = 0,001). Dies entspricht einem relativen Unterschied von 20,4% im korrekten Verstehen des Befundes. Ein Befund mit „auffällig“ bzw. „unauffällig“ wird auch signifikant höher in Bezug auf das subjektive Verständnis bewertet (Mittelwert von 5,04 bei „positiv“ bzw. „negativ“ bzw. 5,47 bei „auffällig“ bzw. „unauffällig“ auf einer 7er-Likert-Skala, absolute Mittelwertdifferenz 0,42 (95% KI: 0,20; 0,64)) und in Bezug auf die subjektive Einschätzung der Verständlichkeit ärztlicher Erklärungen (Mittelwert von 4,49 bei „positiv“ bzw. „negativ“ bzw. 4,95 bei „auffällig“ bzw. „unauffällig“ auf einer 7er-Likert-Skala, absolute Mittelwertdifferenz 0,45 (95% KI: 0,23; 0,67)). Unterschiede im Verständnis zugunsten der Wortwahl „auffällig“ bzw. „unauffällig“ zeigen sich durchgängig in der Stichprobe, vor allem profitieren Menschen ohne Schulabschluss und mit einem eher niedrigen Bildungsgrad. Schlussfolgerung Medizinische Lai*innen verstehen bei der Übermittlung nicht-numerischer Befundergebnisse neutrale, deskriptive Adjektive besser als im Alltagsgebrauch wertend konnotierte Adjektive. Eine entsprechende Änderung des schriftlichen und mündlichen Kommunikationsverhaltens ist im klinischen Alltag von medizinischen Expert*innen einfach umzusetzen und kommt insbesondere Bevölkerungsgruppen zugute, die ohnehin im medizinischen System benachteiligt sind.
Source